Der Illuminatenorden
Im Jahre 1776 begruendete Prof. Adam Weishaupt unter dem Namen
"Gesellschaft der Perfectibilisten" mit einigen Freunden den
Illuminatenorden. Er beabsichtigte, den Feinden der Aufklaerung
entgegenzuwirken, denn jene Zeit hatte fuer Geistesfreiheit sehr wenig
Verstaendnis. Urspruenglich arbeitete der Orden in folgenden drei
Graden:
1. Grad: Novize
2. Grad: Minerval
3. Grad: Erleuchteter Minerval
Ueber diesen Graden stand der Areopag mit Weishaupt als
Ordenspraesident.
Im Februar 1777 wurde Weishaupt von der Freimaurerloge "Behutsamkeit"
in Muenchen als Mitglied aufgenommen; doch unter den Mitgliedern
beschaeftigten sich viele, jener Zeit entsprechend, mit okkulten
Schwaermereien, was den aufgeklaerten Professor stark abstiess. Mit
Eifer studierte er daher die alten Mysterien, um den damals noch
unbedeutenden Illuminatenorden auszubauen.
Eine eifrige Taetigkeit fuer den jungen Orden entfaltete kurz nach
seiner Aufnahme der Freiherr von Knigge. Dieser begeisterte Illuminat
fuehrte dem Orden einige einflussreiche Maenner zu. Dieser verbreitete
sich rasch und ueberfluegelte nach kurzer Zeit alle aehnlichen
Gesellschaften. Im Auftrage des Areopags vollendete von Knigge die
Konstitution. Der Freiherr bearbeitete ferner die Rituale der
verschiedenen Grade und fuehrte in der zweiten Klasse die
Freimaurergrade ein. In drei Abteilungen bearbeit ete der Orden
folgende Grade:
I. Klasse: Pflanzschule
1. Grad: Novize
Vorhof
2. Grad: Minerval
II. Klasse:
Blaue oder symbolische Maurerei
3. Grad: Illuminatus minor (kleiner Illuminat) bearbeitet die drei
Johannisgrade der Freimaurerei: Lehrling, Geselle, Meister.
Rote oder Andreas-Maurerei (Schottengrade)
4. Grad: Illuminatus Major (Grosser Illuminat) oder schottischer
Novize.
5. Grad: Illuminatus dirigens (dirigierender Illuminat oder
schottischer Ritter).
III. Klasse:
Mysterien oder mystische Maurerei (Kapitelgrade)
6. Grad: Priester Illuminat
Magistergrade
7. Grad: Regent oder Prinz Illuminat
8. Grad: Philosophischer Magus
Ordensdirektorium
9. Grad: Koeniglicher Direktionsgrad.
Die hoechste Stufe bildete der Areopag, dem die Nationalobern
unterstellt waren. Die verschiedenen Laender wurden in Provinzen
eingeteilt und einem Provinzialobern unterstellt. Dieser wachte mit
seinen Konsultatoren ueber die Praefekten.
Mit dieser Gliederung fuehlte sich der Orden berufen, die zersplitterte
Freimaurerei zu sammeln und unter seiner Fuehrung zu einem einzigen
Bunde zu vereinigen. Die Mitglieder bearbeiteten die hoeheren
Illuminatengrade in der Loge "Theodor zum guten Rat" in Muenchen,
welche als Mutterloge der Illuminatenfreimaurerei gilt, obwohl sie
schon vor der Gruendung des Illuminatenordens existierte. Diese
Muenchnerloge wurde vom Marquis von Constanza im Jahre 1773 gegruendet.
Das Patent erteilte die Freimaurerloge "Royal York" in Berlin und kurz
nach der Installierung wurde die Loge auch von der Provinzialgrossloge
zu Frankfurt a.M. anerkannt. Etwas spaeter erklaerte sie sich als
unabhaengig. Infolge dieser geschichtlich unumstoesslichen Tatsache
beteiligten sich die Illuminaten im Jahre 1783 an der Gruendung der
Mutterloge des eklektischen Freimaurerbundes in Frankfurt a.M.
Der Illuminatenorden hatte grosse Aehnlichkeit mit dem System der
strikten Observanz, denn auch er forderte am Anfang seines Bestehens
von seinen Mitgliedern das Geluebde des unbedingten Gehorsams. In die
hoeheren Grade der Erleuchteten wurden nur Freimaurermeister
aufgenommen. Die aeusseren Formen wurden durch eine schriftliche
Ordenslehre vertieft. Der Lehrgang, bestehend aus drei Teilen,
behandelte folgende Lektionen:
I. Teil: Die Wiedergeburt im Geiste, beginnend mit der
Selbsterkenntnis.
Il. Teil: Der Glaube an die Hoeherentwicklung der Menschheit.
(Daseinserkenntnis).
III. Teil: Ethische Erkenntnis. Dieser Abschnitt versucht den Willen zu
foerdern, das Gute zu erstreben.
Zu den grimmigsten Feinden der Illuminaten gehoerte die Gesellschaft
der Gold- und Rosenkreuzer, welche in der Zeit von 1750-1790 in
Deutschland arbeitete.
Mit den Rosenkreuzern des 16. Jahrhunderts hatten diese Namensvettern
aber nichts gemein. Unter der Fuehrung von Staatsminister Woellner
arbeiteten sie mit allen Mitteln gegen die Erleuchteten.
Verdaechtigungen und Verleumdungen wurden ausgestreut und verbreitet.
Ein fuehrender Rosenkreuzer, Pater Frank, bearbeitete den Kurfuersten
von Bayern so lange, his dieser im Jahre 1784 die gesamte Freimaurerei
mit Einschluss des Illuminatenordens in seinen Laendern aufloeste. Die
Mitglieder dieser Gesellschaften verloren ihre Staatsstellen. Weishaupt
entzog sich im Jahre 1785 der weiteren Verfolgung durch die Flucht ins
Ausland. In der freien Reichsstadt Regensburg fand er Schutz bei seinem
Ordensbruder Herzog Ernst von Gotha. Dieser ernannte ihn zum Mitglied
sciner dortigen Gesandtschaft, und so lebte Weishaupt zunaechst
unangefochten. Er wurde Mitglied der dortigen Freimaurerloge "Zum
Kompass"; doch seine Feinde liessen ihm keine Ruhe. Mit aller Macht
arbeiteten sie gegen ihn.
Vergeblich verlangte der Kurfuerst von Bayern seine Auslieferung, denn
der Herzog von Gotha war von seiner Unschuld fest ueberzeugt. In dieser
Hinsicht blieben die Bemuehungen seiner Gegner erfolglos. Doch um
seinem Goenner weitere Unannehmlichkeiten zu ersparen, reiste der
gebrochene Mann nach Weimar, wo ihn sein Freund, Herzog Karl August,
zum fuerstlichen Rat ernannte und ihm ein sicheres Asyl gewaehrte. Der
Zerfall des Ordens war aber nicht mehr aufzuhalten. Der Nachfolger des
Kurfuersten von Bayern rehabilierte Weishaupt, indem er ihm eine
Pension zusprach und ihn im Jahre 1808 zum auswaertigen Mitglied der
Akademie der Wissenschaften ernannte. Weishaupt starb 1830 in Gotha, wo
er in Ruhe die letzten Tage seines wirkungsreichen Lebens verbrachte.
Seine vier Soehne bekleideten im Staatsdienste sehr hohe Stellen. Nach
dem Tode von Weishaupt lebte der Illuminatenorden nur noch in der
Tradition verschiedener Familien.
Man mag ueber den alten Illuminatenorden denken, wie man will, die
Tatsache, dass er als Kulturbringer fuer die Menschheit Grosses
geleistet hat, ist nicht zu bestreiten. Seine Mitglieder waren achtbare
Kaempfer fuer die Freiheit des Geistes. Heute duerfen wir mit Stolz auf
sie zurueckblicken!
Im Jahre 1896 gruendete der Schriftsteller Leopold Engel den neuen
Illuminatenorden, der sich von scinem Vorgaenger ganz wesentlich
unterscheidet. obschon er vieles von ihm uebernommen hat. Nur wenig
Eingeweihte kennen die Ziele und Einrichtungen des neuen Ordens. Sehr
umstritten ist seine Stellung zur Freimaurerei, denn waehrend er
anfaenglich selbst Logen gruendete und in maurerischen Graden
arbeitete, ist er spaeter sehr stark von ihr abgerueckt.
Leopold Engel war selbst aktiver Freimaurer. Als Mitglied der
Johannisloge "Adam Weishaupt zur Pyramide" im "Orient
Berlin-Schoeneberg" war er Mitbegruender und Praesident der
freiarbeitenden Johannislogen. Diese Vereinigung war mit dem
Illuminatenorden sehr eng verbunden und beide hatten "Das Wort" als
gemeinschaftliche Bundeszeitung.
Nach Artikel 1 der Gruendungsbestimmungen konstituiert und gruendet der
neue Illuminatenorden selbststaendig Johannis- und Andreaslogen. In die
hoeheren Grade, heisst es woertlich, werden nur Freimaurer Meister
aufgenommen.
Im Jahre 1902 gab es eine Ordenstrennung: ein Teil der Mitglieder unter
der Fuehrung von Th. Reuss gingen eigene Wege. Aus dieser Spaltung ist
ein starker amerikanischer Zweig hervorgegangen. Die Oberbehoerde
dieser Gruppe in Amerika nannte sich nationale Grossloge von Atlantis.
Dieser Illuminaten-Freimaurerbund will alle geistig strehenden Maenner
arischer Rasse unter den Freimaurer Symbolen sammeln, um mit ihnen das
Reich Gottes auf Erden zu begruenden. Im Dienste des Menschentums soll
geistig dem hoechsten Wesen ein Tempel gebaut werden. In diesen
Illuminatenkreisen wird es entschieden abgelehnt, sich den andern
Freimaurerorganisationen anzugliedern. Die fuehrenden Mitglieder sind
der Ansicht, der Orden sei durch seine Abstammung vollkommen regulaer.
In Deutschland ist der Zweig von Th. Reuss spater wieder eingegangen.
Das offizielle Organ der Illuminaten berichtet darueber: "Im Laufe der
Zeit haben im Illuminatenorden mehrere Reorganisationen stattgefunden.
Die frueheren Werke besitzen daher nur noch historischen Wert. Der
Orden steht in Verbindung mit den Freimaurern in Frankreich, England
und Amerika."
Am 18. Januar 1903 wurden neue Satzungen aufgestellt und die Grade des
Ordens umgearbeitet und vereinfacht. Der Bund wurde im Vereinsregister
eingetragen und bearbeitete noch folgende Grade:
1. Grad: Novize
2. Grad: Minerval
3. Grad: Magus
4. Grad: Grossmagus
5. Grad: Kleiner Illuminat
6. Grad: Grosser Illuminat
7. Grad: Dirigierender Illuminat.
Wie die Freimaurer tragen die Illuminaten bei ihren Arbeiten und
Befoerderungen als Zeichen der Arbeit die weisse Schuerze. Dem Grade
entsprechend ist dieser mit farbigen Baendern und Rosetten verziert.
Auf der Brust tragen alle Brueder den goldenen Ordensstern.
(Hexagramm.) Wie frueher, erteilt der Orden schriftlichen Unterricht
ueber Selbst- und Gotteserkenntnis. Die Mitglieder werden angehalten,
sich nicht mehr vom blinden Zufall treiben zu lassen; sie sollen sich
bemuehen, das Glueck in ihrer eigenen Seele zu suchen. Durch innere
Einkehr soll jedes Mitglied sich auf das jenseitige Leben vorbereiten.
Politische Diskussionen werden nicht geduldet. Jedes Mitglied erhaelt
bei seiner Aufnahme einen eigenen Brudernamen.
Im Jahre 1925 wurde der Orden nochmals neu organisiert und zu einem
Weltbunde erweitert. Der Bund verfolgt den ausgesprochenen Zweck, seine
Mitglieder zu freien, selbstbestimmenden Persoenlichkeiten zu
entwickeln. Sitz der Bundesleitung war Berlin. Zum Praesidenten wurde
Leopold Engel gewaehlt. Die Lehrbriefe wurden ebenfalls neu bearbeitet.
Ein systematischer Lehrgang beschreibt dem Schueler, wie Neigungen und
Leidenschaften entstehen und wie diese je nachdem gefoerdert oder
besiegt werden koennen.
Bei genugender Anzahl bilden die Mitglieder sogenannte Ortssynoden,
welche nach feststchendem Ritual arbeiten. Der Leiter einer
Minervalsynode heisst "Magus des Lichtes". lhm zur Seite stehen der
Schriftfuehrer und der Schatzmeister. Groessere Synoden waehlen noch
den Zeremonienmeister, den Redner, den Almosenpfleger und den
Vorbereiter.
Sieben Mitglieder im Grossmagusgrade sind berechtigt eine
Grossmagussynode zu bilden; sie beduerfen aber der Zustimmung des
Kustosamtes. Die einzelnen Laender sind einem Provinzial unterstellt.
Dem Kustosamte direkt unterstellt sind die Einzelmitglieder. Drei
Einzelmitglieder an einem Ort bilden einen Stern; sieben koennen eine
Synode eroeffnen. Die Beamten des Kustosamtes heissen:
Kustos, Ordenskanzler, Praefekt, Grossschriftfuehrer,
Grossschatzmeister und Grosszensor. Nach dem Tode von Leopold Engel
(Theophrastus) 8. November 1931 wurde im Oktober 1932 Julius Meyer
(Marius) zum Nachfolger gewaehlt, doch nur kurze Zeit sollte dieser dem
Orden vorstehen. Im Jahre 1933 wurde der Orden in Berlin auf Antrag des
Praefekten Dr. H. Teumer, (Theobald) Chemnitz, aufgeloest. Das Material
wurde etwas spaeter von der nationalsozialistischen Polizei
beschlagnahmt.
Zunaechst begruendeten die Vertreter von Oesterreich und der Schweiz im
Jahre 1933 in Wien den neuen Areopag und vereinigten sich zu einer
Arbeitsgemeinschaft, so dass das geistige Erbe vorerst gerettet wurde.
Nachdem Oesterreich, entgegen den Ordenssatzungen den Arierparagraph
einfuehrte, trennten sich 1935 beide Teile. In Oesterreich wurde den
Juden der Zutritt zum Orden verboten; auch die Zugehoerigkeit zu einer
Freimaurerloge war nicht mehr gestattet. Ganz einseitig, ohne das
Kustosamt von Helvetien anzufragen, waehlte der oesterreichische Zweig
einen Grossmeister. Nach dem Anschluss Oesterreichs an Deutschland
wurde der Orden aufgeloest.
In der Schweiz konnte er sich wegen diesen Umstaenden nicht mehr stark
ausbreiten. Nur wenig Mitglieder bewahrten dem Illuminatismus ihre
Treue. Das Kustosamt von Helvetien ist im Besitze des geistigen
Ordensgutes, so dass der Orden spaeter wieder aufbluehen kann.
Mit der franzoesischen Sekte der Illuminés ist der Illuminatenorden
zu Unrecht verwechselt worden: er hat mit dieser niemals etwas zu tun
gehabt. Weder der Graf de Saint Germain, noch Cagliostro (Balsamo)
waren Mitglieder des Illuminatenordens; es eruebrigt sich, mehr als
diese Tatsache festzuhalten.
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