Franz Hartmann about Carl Kellner in 1924

Dr. Karl Kellner - ein Opfer des Okkultismus

Von Franz Hartmann



    [Theosophische Rundschau - Deutsches Organ der Theosoph. Gesellschaft, XII. Jahrgang, Heft 6, 1924]



Am 7. Juni des Jahres 1905 starb plötzlich in Wien im Alter von 54 Jahren einer der größten Erfinder, ein äußerst genialer Mensch, Dr. Karl Kellner. Die ersten medizinischen Autoritäten behandelten ihn während seiner Krankheit aber alle widersprachen sich in ihren Meinungen, und keiner konnte deren Natur weder vor noch nach seinem Tode erkennen. Da sein Tod zweifellos okkulten Ursachen zuzuschreiben ist, so wird eine, wenn auch kurzgefaßte Beschreibung dieses Falles für alle die von Interesse und lehrreich sein, die das Bestreben haben, okkulte Künste zu erlernen.
Dr. Kellner war kein gewöhnlicher Mensch. Er wurde am 1. September 1851 [sic] als Sohn angesehener Bürgersleute in Wien geboren und verbrachte seine Studienjahre in Wien und Paris. Als er kaum 22 ahre alt war, erfand er den sogenannten "Sulfit-Cellulose-Prozeß", d.h. ein Verfahren, um auf chemischem Wege das zur Papiererzeugung nötige Material, die Pflanzenfaser, aus Holz und anderen Pflanzenstoffen herzustellen, ein Verfahren, das heutzutage allgemein zur Papierfabrikation angewandt wird, während man früher hierzu auf Lumpen und Holzschliff beschränkt war. Außer dieser Erfindung, der die heutige Papierindustrie ihren Aufschwung verdankt, machte Dr. Kellner noch eine Menge anderer höchst wichtiger Erfindungen, von denen wir bloß folgende, hauptsächlichste erwähnen wollen:
    1. Zahlreiche Apparate und Maschinen für die Erzeugung von Zellstoff und Papier.
    2. Das Bleichen von Faserstoffen durch Anwendung der Elektrizität.
    3. Ein Verfahren zur elektrolytischen Zerlegung von Salzlösungen, wodurch chemisch reines Ätznatron und Chlor im großen hergestellt werden kann, und wodurch die Sodafabrikation umgestaltet wurde.
Außerdem beschäftigte sich Dr. Kellner mit einer Menge von Verfahren und neuen Erfindungen, die teils gelungen, teils bei seinem Tode noch nicht vollkommen ausgearbeitet waren, und hierzu gehören seine Aufsehen erregende Entdeckung, ein chemisches "Element" mit Hilfe hoch gespannter elektrischer Ströme in ein anderes "Element" zu verwandeln, echte Edelsteine (Türkise, Rubinen, Saphire, Smaragde usw.) künstlich zu erzeugen, Quecksilber in einen festen Körper zu verwandeln, kurzum Dinge, die in das Gebiet der Alchemie gehören. Zu seinen unvollendeten Erfindungen gehören: Die Herstellung von Zucker und Alkohol aus den Rückständen der bei der Papierfabrikation gebrauchten Flüssigkeit; Darstellung von Zellstoff aus Holz unter gleichzeitiger Gewinnung der Produkte der trockenen Destillation; Verwertung zinkhaltiger Kiesabdrücke; Kupfergewinnung aus sehr armen Kupfererzen; Legierungen durch Elektrizität; Azetylenbeleuchtung für Eisenbahnwagen; Glühkörper und Glühlampen; elektrische Rotationslampen usw. Zu erwähnen ist auch die Hilfe, die Dr. Kellner seinem langjährigen und intimen Freunde, dem Verfasser dieses Artikels, in der Ausarbeitung seiner Erfindung, des sogenannten "Lignosulfits", eines gasförmigen antiseptischen Mittels geleistet hat. Dieses, zur Einatmung bestimmte Antiseptikum hat sich zur Heilung von Krankheiten der Atmungsorgane glänzend bewährt und fängt an, einen internationalen Ruf zu erlangen.
Wie aus obigem ersichtlich ist, war es das Bestreben Dr. Kellners, so tief als möglich in die Geheimnisse der Natur einzudringen, und hätte er sich begnügt, so würden wir wohl heute seinen Verlust nicht zu beklagen haben; aber er wollte noch höher hinaus. Er wollte auch das Reich der Alchemie in den Bereich seiner wissenschaftlichen Forschungen ziehen und gewisse Kräfte, die man als "übernatürliche" bezeichnet, weil sie nicht dem "Naturmenschen", sondern dem im Geiste wiedergeborenen Menschen angehören, der wissenschaftlichen Forschung unterwerfen und sie in den Dienst der Wissenschaft stellen, und hieran scheiterte da er noch trotz seiner außerordentlich hohen Intelligenz nicht die hierzu nötige Reife besaß; denn um magisch zu wirken, muß man entweder ein Gott oder ein Teufel sein. Schon im Jahr 1887 schloß sich Dr. Kellner der "Theosophischen Gesellschäft" an, und teilweise auf seinen Rat entschloß sich der Verfasser dieses Artikels, die "Lotusblüten" herauszugeben, durch die die theosophischen Lehren in Deutschland Verbreitung fanden. Dr. Kellner suchte überall nach Vermehrung seines Wissens. Er nahm eine hohe Stellung ein in der Freimaurerei und war mehrere Jahre hindurch Mitglied eines Rosenkreuzerbundes, von dem in meinem Buche "Unter den Adepten" die Rede ist. Er war ein Idealist und folglich Schwärmer; er suchte im Äußeren nach "Meistern" und fiel deshalb bei seinen Bestrebungen Betrügern in die Hände, die ihm sogenannte "Yoga-Übungen" anpriesen, denen er sich unterwarf.
So z.B. nahm er Unterricht bei einem gewissen "Soliman Ben Aisha", einem Araber, der sich die Zunge durchstechen, das Auge herausnehmen, Schlangen fressen und dergleichen Dinge vollbringen konnte, und sich auch öffentlich sehen ließ. Dann nahm er sich zum Lehrer einen Indier aus Lahore, namens "Bheema Sena Pratapa", der die Fähigkeit hattes sich durch Autohypnose in einen dem Scheintode ähnlichen Schlaf zu versetzen und auch bei dem in München stattfindenden internationalen Kongresse für Psychologie sich produzierte, und schließlich stellte er sich unter die Führung eines gewissen lndiers, namens "Sri Mahatma Agamya Guru Parahamsa", der sich in prahlerischer Weise für einen Heiligen und "Meister aller Meister" ausgab und auch in Berlin sein Unwesen trieb.
Dr. Kellner wurde von diesem "Agamya Guru" in der "Wissenschaft des Atmens" und anderen Übungen unterrichtet und glaubte nun am Ziel seiner Wünsche zu sein. "Endlich", so schrieb er dem Verfasser, "habe ich das gefunden, wonach ich mein Leben.lang gestrebt habe." Allerdings hatten die Übungen, die er unternahm, einen Erfolg, und dieser bestand darin, daß er eine Menge astraler Einflüsse an sich zog, von denen er sich nicht mehr befreien konnte. In dem Zimmer seines Laboratoriums in Wien, das er für alchemistische Zwecke eingerichtet hatte, begannen bald Spukerscheinungen sich zu zeigen, und eines Tages fiel sein Laborant, ein junger, kerngesunder Mensch, tot nieder, ohne daß die Ärzte bei der Sektion des Kadavers eine Todesursache finden konnten.

Ein paar Stellen aus Kellners Briefen an den Verfasser mögen dazu dienen, seinen Zustand zu beleuchten:
"Ich mache meine Übungen, komme ein wenig in die Höhe und purzle dann um so tiefer wieder hinab. Ich fürchte die hütenden Scharen."
"Alle diese Künste sind ja als solche verwerflich aber sie eröffnen doch der Erkenntnis das Feld, und nützen so auf eine indirekte Weise".


Bald nachdem Dr. Kellner ein Schüler des berechtigten "Mahatma Agamya" geworden war und kurze Zeit nach dem oben gemeldeten Tode seines Laboranten, wurde er selbst von jener geheimnisvollen Krankheit befallen, für die die Ärzte keine Erklärung fanden, und die ihn etwa sechs Monate an das Bett fesselte. Als ich ihn das letzte Mal sah, war er zum Skelett abgemagert und kaum fähig, einen Finger zu bewegen. Auch stellte sich völlige Taubheit ein. Während des Winters erholte er sich einigermaßen und ließ sich nach Ägypten transportieren, um Sonnenschein und Wärme zu genießen. Von dort kam er Anfang Juni in ziemlich guter Gesundheit wieder zurück, besuchte sein alchemistisches Kabinett im Laboratorium und starb plötzlich in der darauf folgenden Nacht. Es scheint, daß die Einfliisse, die er dort angezogen hatte, an diesen Ort gefesselt waren, und als er zurückkam, sich wieder seiner bemächtigten; denn diese Dinge kehren in die Quelle, aus der sie geboren wurden, zurück (1).
Wir sind natürlich weit davon entfernt, Dr.Kellner einen Vorwurf machen zu wollen; er handelte aus Unkenntnis, da er es nicht faßte, daß die Vereinigung mit dem Göttlichen Selbstzweck ist und nicht zu irgend einem persönlichen Zweck (sei es auch zur Förderung der Wissenschaft) benutzt werden soll. Gott in seinem Innersten ist die ewige Ruhe. Wer zu ihm gelangen will, muß Ruhe besitzen, und diese kann nur durch Wunschlosigkeit, oder richtiger gesagt, durch Erhabenheit über alle persönlichen Wünsche erlangt werden. Wer sich zur GOTTHEIT erheben will, um SIE zu einem Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchung zumachen, der stellt sich, auch ohne sich dessen bewußt zu sein, über Gott, und es geht ihm wie dem Ikarus, von dem die Mythe erzählt, daß er versucht habe, mit wächsernen Flügeln zur Sonne emporzusteigen; aber die Flügel schmolzen und er fiel. Die Gotteserkenntnis (Theosophie) kann nur durch eine völlige Aufopferung der Selbstheit und aller irdischen Wünsche erlangt werden.
Damit ist aber nicht gesagt, daß Dr. Kellner ein gewöhnlicher Egoist gewesen sei. Er war ein Mensch, der jeden, der mit ihm bekannt wurde, durch seine Liebenswürdigkeit bezauberte. Ein in den Tagesblättern erschienener Nachruf sagt, mit Recht: "Seine Güte, seine innige, nicht geheuchelte Teilnahme mit allen, sein heiteres, herzerfrischendes Gemüt gewannen ihm unzählige warme Anhänger. Je näher man ihn kennen lernte, desto mehr schätzenswerte Eigenschaften entdeckte man an ihm; immer trat dabei seine alles einschließende altruistische Liebe hervor, die sich, sei es durch ein Trösten der Leidenden, durch Wohltätigkeit gegen die Bedürftigen, durch Emporrichten der Haltlosen oder durch Verbreitung von Lebensfreude betätigte".
Und während wir das schreiben, haben wir Hunderte von angeblichen Okkultisten vor Augen, die in moralischer, und intellektueller Beziehung tief unter Dr. Kellner stehen und dabei durch die Hintertüre in den Tempel der Gottesweisheit einzudringen versuchen, um das Göttliche zu sich herabzuziehen und es zu ihren Zwecken zu benutzen. Einige von diesen, und wir könnten bekannte Namen nennen, haben durch Selbstmord geendet, andere erkrankten und starben, und wieder andere verfielen dem Irrsinn. Viele solche Verblendeten sind in den Händen von Betrügern und auf dem Wege des Verderbens. Diesen zur Warnung haben wir obige Skizze geschrieben, aber da die Sucht nach Wissen, Macht und Ruhm unaustilgbar ist, so rechnen wir auch hierbei auf keinen Erfolg.

    1) Dies erinnert uns an einen in den "Lotusblüten" beschriebenen Fall: Ein Herr in Paris wurde plötzlich wahnsinnig und in ein lrrenhaus in Neapel gebracht. Dort tobte er in seiner Zelle. Nach einigen Monaten wurde er ebenso plötzlich wieder gesund; man entließ ihn, und er kehrte nach Paris zurück. Längere Zeit darauf wurde ihm mitgeteilt, daß man sein Gespenst in derselben Zelle noch häufig spuken sähe. Er wurde neugierig, dies zu sehen, und reiste trotz wiederholter Warnungen nach Neapel. Dort ließ er sich die Zelle aufschließen und wurde sogleich wieder besessen, was er auch bis zu seinem Tode verblieb.







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